Nach intensiver Vorbereitung war ich richtig heiss auf die letzte Weltcuprunde. Ich hatte nochmals einiges in meine Sprintabläufe investiert. Nicht nur technisch, sondern auch physisch stellte ich meinen Körper auf die 15-minütigen Belastungen auf Asphalt ein!
Entsprechend geladen ging ich bei der Qualifikation vom Knock-Out Sprint an den Start. Früh am Morgen Wettkämpfe zu laufen, ist normalerweise nicht so mein Ding. Doch an diesem Tag war ich bereits in der Qualifikation hellwach. Auf souveräne Art und Weise überstand ich die erste Hürde. Mein Selbstvertrauen wurde durch den Qualifikationssieg weiter gestärkt. Fürs ¼-Finale musste man sich für einen von sechs Heats entscheiden! Ich wählte den Heat aus, bei dem ich von der längsten Erholungszeit bis zum Halbfinale profitieren könnte, im Falle, dass ich den ¼-Final gewinnen würde. Gesagt getan und auch das ¼-Final entschied ich klar für mich! Bis zum Mittag lief also alles genau nach Plan!
Nach einem Nickerchen freute ich mich auf den Nachmittag! Doch im ½-Final folgte die Ernüchterung. Beim Course Choice (wer sich im Detail interessiert, dem sei dieses Dokument empfohlen) unterlief mir ein Fehler. Ich entschied mich für Variante C, nahm dann aber versehentlich die Karte mit der Variante A. Nicht dass ich hätte sagen können, dass C schneller gewesen wäre als Variante A (nach jetzigem Stand ist dies meiner Meinung nach reine Glückssache bei mehreren komplexen Postenverbindungen), aber da ich meine Laufroute bereits auswendig geplant hatte für Variante C, und dann plötzlich eine Karte mit Variante A in der Hand hielt, lief ich ins Verderben! So war ich beim Finale nur Zuschauer!
Der Knock-Out Sprint soll ein zuschauerfreundliches Format sein und spannende Duelle bieten. Doch als Zuschauer musste ich feststellen, dass Course Choice, Gabelungen (kann man nicht essen), Phi-Loops (kann man auch nicht essen) und Schmetterlinge (theoretisch kann man die essen) für einen OL-Laien alles verkomplizieren. Nicht mal ich hatte den Überblick im Finale und bis kurz vor Schluss wusste ich nicht, wer den Final gewinnen wird!
Nicht dass man mich falsch versteht, ich finde Knock-out Sprints spannend! Aber am Format muss man noch ein wenig tüfteln!
Der ganze Tag schlug mir irgendwie auf den Magen. Nicht dass ich einen Schmetterling gegessen hätte, aber irgendeinen Käfer hatte ich dennoch erwischt! Die Nacht wurde unruhig und ich war froh, dass ich am nächsten Tag weiterhin die Rolle als Zuschauer innehatte.
Der zweitletzte Wettkampf, eine Mitteldistanz in genialem Sandsteingelände, wurde zu einem Murks. Nach gerade Mal einer Laufminute schloss ich kurz vor Posten 1 bereits zu Daniel Hubmann auf. Anstatt dass ich mich auf meinen Lauf fokussierte, schaute ich ständig nach links und nach rechts! Meine Routenwahlen passte ich seinen an und so kam ich nie wirklich in einen guten Rhythmus. Da auch Lundanes keinen guten Tag einzog, kam ich trotz mässiger Leistung meinem Ziel vom Gesamtweltcup einen Schritt näher.
Die Ausgangslage vor dem abschliessenden Sprintrennen war klar: Hubmann hätte sich in den ersten zwei Rängen klassieren müssen, damit er eine realistische Chance auf den Sieg gehabt hätte. Da ich dem letztjährigen Weltmeister und aktuellen Europa- und Weltmeister über diese Distanz den Sieg durchaus zutraute, kam für mich nur die Flucht nach vorne in Frage!
Klar war ich extrem nervös vor dem abschliessenden Sprint! Es kribbelte im ganzen Körper und die Warterei bis zum Start wurde zur Qual. In solchen Momenten kurz vor dem Start, frage ich mich teilweise, wieso ich mir das antue... 15 Minuten später, als ich die Ziellinie überquerte, bekam ich die Antwort! Mit einem dritten Rang sicherte ich mir die Krone des komplettesten Läufers der gesamten Saison! Es ist einfach ein wahnsinnig gutes Gefühl, ein hohes Ziel zu erreichen, dass mir wirklich viel bedeutet! Zum fünften Mal insgesamt gewann ich in meiner Karriere den Gesamtweltcup (2012, 2013, 2016, 2017, 2018)! Es ist der dritte Titel in Folge und der siebte Gesamtweltcup-Podestplatz in meiner achten Saison als Elite-Athlet.
Konstanz auf höchstem Niveau ist nur möglich dank einem professionellen Umfeld!
Es freut mich ungemein, dass ich seit vielen Jahren auf ein grossartiges Umfeld zählen darf. Dazu gehören meine Trainer, mein Physiotherapeut, meine Ausrüster, meine Sponsoren, meine Trainingskollegen, meine Familie und natürlich meine Freundin! Ohne dieses Fundament, wäre ich gar nicht erst in der Lage, auf diesem Niveau Spitzensport zu betreiben! Für die wertvolle Unterstützung möchte ich mich ganz herzlich bedanken!