Nach fünf Jahren hat es wieder geklappt mit der Einzelmedaille. Zahlreiche Anläufe habe ich in den letzten Jahren genommen. Teils war ich nahe dran, teils scheiterte ich deutlich. Umso glücklicher bin ich, dass ich von der WM in Tschechien einen kompletten Medaillensatz mit nachhause bringen durfte.
Auch dieses Jahr klappte es mit der Medaille nicht auf Anhieb. Im Sprintrennen musste ich mich mit dem achten Rang begnügen.
In der WM-Vorbereitung habe ich mich dieses Jahr auf die Walddisziplinen fokussiert und nur wenige Sprinttrainings absolviert. Auch ohne spezifische Vorbereitung wollte ich mir die Chance jedoch nicht entgehen lassen, im Sprint zu starten. Ich war überzeugt davon, dass ich von den vielen Sprinttrainings im Frühling hinsichtlich der Sprint-EM zehren könnte. Zu Beginn des Sprintfinals zeigte sich aber, dass mir der Blick für die schnellen Routen etwas abhandengekommen war. Nach dem «einfachen» Startteil lag ich an 21. Position, 17 Sekunden hinter der Spitze. Während dem Rennen hatte ich das Gefühl, dass mir der Start geglückt war und ich gut im Rennen lag. Erst im Ziel realisierte ich, dass ich im Startteil oft die falsche Route wählte. Mit einem Fehler und einer schlechten Route gegen Ende des Rennens, nahm ich mich definitiv aus der Medaillenentscheidung.
Leider gelang an diesem Tag niemandem vom Schweizer Team eine Top-Leistung. Erstmals seit der Einführung der Sprintdistanz an der WM, mussten wir den Heimweg ohne Sprintmedaille antreten.
Karte
Rangliste
Im Nachhinein ist es leicht zu sagen, dass ich die Enttäuschung im Sprintrennen leicht wegstecken konnte. Auch wenn ich mit breiter Brust (so gut wie das bei mir möglich ist) die Waldwettkämpfe in Angriff nahm, so verflogen die Zweifel nie, ob ich meinem eigenen Anspruch eines Medaillengewinnes gerecht werden konnte.
Im Bus zum Vorstart der Mitteldistanzqualifikation fragte mich ein alter Teamkollege, wie meine Chancen stünden, um eine Medaille zu gewinnen. Ich antwortete ihm, dass es schon möglich ist, wenn das Finale nicht allzu ruppig und steinig werden sollte. Ich würde schnelles Gelände mit guter Sicht bevorzugen.
Die Qualifikation lieferte dann bereits einen Vorgeschmack auf das, was am Nachmittag folgen sollte. Das Gelände war teils sehr buschig, teils sehr steinig, oft sehr steil und nur bedingt schnell belaufbar. Zu meinem Erstaunen fand ich mich damit besser zurecht als erwartet. Die Qualifikation fürs Finale war nie in Gefahr. Meinen Heat konnte ich gewinnen und ich hatte beinahe sechs Minuten Reserve zum Cut.
Im Ziel meinten meine türkischen Freunde «you invested too much power!». Ich musste lachen und entgegnete «I am strong like a bear!». Etwas Wahres hatten beide Aussagen an sich. Mit einer 2½ Minuten längeren Laufzeit hätte ich mir immer noch den dritten Rang in meinem Qualifikationsheat gesichert. Einen Gang zurückzuschalten wäre also problemlos möglich gewesen.
Ob meine Aussage über meinen Formstand aus Selbstvertrauen oder mehrheitlich aus Ironie zustande kam, daran kann ich mich nicht recht erinnern. Was ich definitiv noch weiss: Beim Einlaufen zum Finale fühlte ich mich bombastisch. Vor einem WM-Lauf hatte ich bisher selten das Gefühl, mich in Top-Verfassung zu befinden. An diesem Tag war es anders. Auch nahm ich das Gelände während dem Wettkampf gar nicht als speziell ruppig war. Die physischen Komponenten (Speed und Koordination) passten an diesem Tag perfekt. Die Goldmedaille mag ich mir mit dem Speed auf der Schlussschlaufe gesichert haben. Die Grundlage zum Erfolg legte ich mit einer technisch sauberen Leistung in den Postenräumen. Nicht etwa auf den längeren Teilstrecken lief ich gute Zeiten, sondern auf den kurzen Abschnitten reüssierte ich. Oft ist es bei mir sonst genau umgekehrt. Auf den langen Abschnitten erziele ich gute Zeiten und auf den kurzen, technischen Posten investiere ich in die Technik und verliere dadurch etwas an Zeit zu den Besten.
An diesem Tag war es mir am Ende egal, wie der Sieg zustande gekommen ist. Ich freute mich einfach riesig, dass es nach fünf Jahren wieder mit der (Gold)-Medaille geklappt hatte.
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Der Massenstart der Staffel und die Startzeit für die Langdistanz waren zur Zeit des «Guetnachtgschichtli» angesetzt worden. Fernsehtechnisch mögen die Startfenster brillant gewesen sein, doch für uns Läufer war es hart an der Grenze, respektive darüber. Es war kein Zufall, dass wir nebst OL-Schuhen, Kompass und SI-Card auch eine Lampe für den Staffelwettkampf in die Tasche packten. Wir waren uns der späten Startzeit in der Staffel bewusst. Uns war klar, dass bei schlechtem Wetter die Lichtverhältnisse das Kartenlesen erschweren könnten.
Trotz der Lampe oder gerade deswegen, war mein Start ins Rennen eher holprig. Im düsteren Wald hatte ich meine liebe Mühe, die Karte zu lesen und bereits auf dem Weg zu Posten 1 schaltete ich die Lampe ein. Ich brauchte einiges an Zeit, bis mein Timing beim Kartelesen stimmte und sich meine Augen an die Situation gewöhnten. Dass ich die Lichtstärke während des Wettkampfes auf die höchste Stufe stellten musste, um die Umgebung wahrzunehmen, damit hatte ich im Vorfeld definitiv nicht gerechnet. Im Bereich des 14. Posten war es so dunkel, dass ich sicherlich von der Lampe profitierte. Auch wenn ich auf der Schlussschlaufe alles andere als «helle» Entscheidungen traf, reichte es zur Bronzemedaille! Martin Hubmann, Florian Howald und ich gewannen nach diverses Jugend- und Junioren Staffelmedaillen (nie alle drei zusammen) unsere erste gemeinsame WM-Staffelmedaille! Es war cool das Feuer und die Motivation für diese Staffel mit ihnen zu teilen!
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Eigentlich schade, dass am Ende des Tages mehr über die Umweltbedingungen diskutiert wurde als über die spannenden Rennsituationen, das tolle Gelände (trotz künstlichem Sperrgebiet) und die fordernden Bahnen.
In der Unterkunft kamen wir knapp vor 22 Uhr an. Bis wir gegessen, die Tasche ausgepackt und uns kurz über Rennen ausgetauscht hatten, brach bereits der neue Tag an. Abfahrt zur Langdistanz war am nächsten Tag bereits um 11.50 Uhr. Viel Zeit zum Durchatmen blieb also nicht.
Nach der Goldmedaille über die Mitteldistanz und Bronze in der Staffel hatte ich mein persönliches Medaillenziel erreicht. Der Ehrgeiz war aber noch nicht gestillt: Ich wollte endlich die ersehnte Langdistanzmedaille gewinnen!
Im Vorfeld der WM machte ich mir berechtigte Hoffnungen auf eine Topplatzierung über die Langdistanz. Denn bei allen längeren Rennen im Sandsteingelände vermochte ich zu überzeugen und mit den Besten mitzuhalten.
Der Start ins Rennen glückte mir sehr gut. Ich lief kontrolliert los, entschied mich für eine clevere Route zu Posten 2 und fand einen guten Rhythmus. Zu Posten vier unterlief mir ein Fehler. Ich verpasste einen Felsdurchgang und verlor eine Minute auf die beste Abschnittsbestzeit. Ich staunte nicht schlecht, als ich auf dem Weg zum fünften Posten bereits vom drei Minuten nach mir gestarteten Norweger Kasper Fosser eingeholt wurde. Um mich vom ersten Schock zu erholen, entschied ich, mich der Lokomotive anzuhängen. In der Folge drückte Fosser mächtig aufs Gaspedal. Es war für mich sofort offensichtlich, dass er an diesem Tag in einer eigenen Liga lief. Da es bei den Routenwahlen oft nur zwei vernünftige Varianten gab, der Wald sehr offen und die Postenstandorte eindeutig waren, gab es wenig Möglichkeiten eine bessere Routenwahl zu treffen oder die Mikroroutenwahl zu optimieren. Zudem bin ich zu wenig Idealist, dass ich aus «Verzweiflung» eine andere Route gewählt hätte, nur damit ich im Ziel das Gütesiegel «Do it yourself» erhalten hätte.
Eins kann ich versichern: Es war extrem schwierig, an diesem Tag Kasper Fosser zu überholen und vor ihm zu Rennen. Hätte ich es gekonnt, ich wäre nicht hinter im gerannt.
Im Sog von Fosser gewann ich meine erste Medaille über die Langdistanz an der WM!
Ich hätte mir gerne ein anderes Laufszenario gewünscht und gezeigt, dass ich fähig gewesen wäre, diese Medaille auch alleine herauszulaufen.
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Wie bereits 2012 und 2016 konnte ich in einem olympischen Jahr, einen WM-Titel in einer Einzeldisziplin gewinnen! Nun hoffe ich, dass ich diesen vier Jahre Rhythmus halbieren kann. Schliesslich findet die nächste Wald-WM bereits in zwei Jahren in der Schweiz statt!
Einen gebührenden Dank möchte ich den Organisatoren, allen freiwilligen Helfern, meinen Trainern, dem ganzen Swiss Orienteering Team, meinen Sponsoren und natürlich meinem Fanclub aussprechen!
Ihr seid grossartig!
Fotos: Rémy Steinegger, WOC2021, Orienteeringfocus