Gerannt, gelitten und genossen!

Es war primär die Abenteuerlust, die mich nach Kenia verschlagen hatte. In Iten, selbsternannt als «Home of Champions», einem Dorf auf 2450 Meter über Meer, trainierte ich während drei Wochen mit einigen der schnellsten Läufer der Welt (und ein paar Marathonläufer aus der Schweiz 😉). Mit «einigen» meine ich einige tausend… Meine Limiten wurden mir sehr schnell aufgezeigt. Selbst bei den extensiven Trainings hatte ich zu beissen. Ich lernte schnell, dass das Wort «Kenianisches Fahrtspiel» nicht von ungefähr kommt. Zu meinem Erstaunen wurden die Trainings jedoch nicht viel schneller gegen das Ende (ist natürlich auch vorgekommen), sondern man rannte stets mit dem gleichen Tempo. Dabei spiele es keine Rolle, ob eine saftige Steigung wartete oder ob es leicht bergab ging. Meine Pulskurven glichen folglich bei den «lockeren Joggings» einem Höhenprofil der Alpen.

Zum Abschluss meines Trainingsaufenthalts rannte ich das Discovery Cross in Eldoret. Am Vorabend des Rennens konnte uns niemand sagen, wann genau der Start sei. Es wurde uns einfach geraten, genug früh dort zu sein. Der Ablauf ist aber immer der Gleiche: Zuerst kommen die Kinder, dann die Junioren/innen und zum Schluss die Elite. Es zeichnete sich ab, dass wir um ungefähr 13 Uhr starten würden. Als ich ca. 25 Minuten vor dem Start mit dem Einlaufen begann, war ich mutterseelenallein beim Aufwärmen. Gut 15 Minuten vor dem Start starteten die anderen 355 Läufer mit ihrem einlaufen. Sie joggten ca. 30 Meter zwischen den Autos hin und her und stellen sich nach fünf Minuten Einlaufen an die Startline. Dort verharrten wir ca. 10 Minuten ehe aus heiterem Himmel los gesprintet wurde. Nachdem ich gut 20 Meter zurückgelegt hatte, hörte ich schliesslich auch noch den Startschuss… Es muss wohl als Schmach gelten, von einem weissen geschlagen zu werden. Ansonsten kann ich mir die hohe Ausfallquote von Läufern nur schwer erklären, die ich überholte hatte. Die Zuschauer hatten allemal grosse Freude, dass ein «Mzungu» (Weisser) mitlief und feuerten mich frenetisch an. Ins Ziel kam ich gut vier Minuten nach dem Sieger und landete auf Rang 108. Ich mag mich nicht erinnern, dass ich mich bisher in meiner Karriere einmal so weit hinten in der Rangliste eingereiht habe. Notabene ohne einen schlechten Lauf gehabt zu haben!

Während dieser drei Wochen durfte ich einige kenianische Weisheiten kennenlernen. Eine kleine Auswahl von ein paar Klassikern:

Ein Läufer erklärte mir beinahe entschuldigend, dass er seinen nächsten Halbmarathon wohl in nur etwa 61 Minuten laufen wird, weil es in Singapur wirklich sehr heiss sei, eine hohe Luftfeuchtigkeit herrsche und die Luft sehr verschmutzt sei!

«Maybe 2h10min», die allgemeingültige Antwort auf die erwartende Zeit beim Marathondebut.

«Two minutes», die allgemeingültige Antwort auf Fragen jeglicher Art. Dabei spiel es keine Rolle, ob man ein Tee oder ein Taxi bestellt.

«How are you?» Es ist kein Märchen, dass die kenianischen Kinder einem zurufen und falls möglich einige Meter mitlaufen. Das einzige Märchen ist, dass ich immer gesagt habe es gehe mir gut, auch wenn ich teilweise extrem am Leiden war.

Trainingsstart vom ersten Training ist meistens um ca. 6.30 Uhr. Das Training beginnt, wenn das Licht der Sonne die Schlaglöcher und die Steine in den «Dirtroads» sichtbar erscheinen lässt. Die offizielle Begründung warum so früh am Morgen trainiert wird: Die Luft ist noch nicht verschmutzt!

Wird extensive trainiert, werden lange Kleider (Tights und Jäckli) angezogen. Es spielt keine Rolle, ob es 30 Grad warm ist oder nicht. Der Grund war und bleibt für mich ein Rätsel. Zu verstehen gaben sie mir, dass sie nicht kalt hätten. Folgende Antworten habe ich als Begründung erhalten:

  1. «The more you sweat, the better in shape you get!»
  2. «We have really long and thinny legs. It looks ugly if we are wearing shorts»
  3. «We used to run in shorts but when the british came they wore long trousers for running (maybe because of not getting a sunburn). Therefore we have also started to wear long clothes for running since then!»

 

Mir hat es sehr gut gefallen in Kenia und ich bin mit zahlreichen neuen Eindrücken nach Hause gereist. Trainiert habe ich auch ganz anständig und ich glaube eine sehr gute Basis gelegt zu haben für die kommende Saison.

In Portugal in Mira lief ich am letzten Wochenende den European Champion Clubs Cup Cross Country (kurz ECCCCC). Das beste Klubteam im Crosslauf von Europa wurde ermittelt. Ich konnte zeigen, dass ich mich von meinem Afrikaabenteuer gut erholt hatte und lief auf den guten 9. Rang. Mit dem Team reichte es für den 15. Rang.

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