Fehleranfällig

Am Weltcup in Idre Fjäll und an der Jukola-Staffel in Rovaniemi hatte ich meine liebe Mühe mit der Karte und insbesondere mit dem Kompass.
Bei der zweiten Weltcuprunde in Schweden klassierte ich mich über die Langdistanz auf Rang 6 und über die Mitteldistanz reichte es für Rang 9. Mit der Staffel durfte ich mich zum Abschluss des Weltcupblocks über Rang 3 freuen.


Eine Woche später lief ich mit meinem norwegischen Klub IL Tyrving die Jukola-Staffel. An 20. Position und mit gut 25 Minuten Rückstand auf die Spitze, nahm ich die letzte Strecke in Angriff. Mir gelang kein guter Lauf, womit ich leider auch nicht zur grossen Aufholjagd ansetzen konnte. Am Ende lief ich für Tyrving auf dem 18. Rang ein.

Ich war ungewohnt fehleranfällig im skandinavischen Gelände. Normalerweise liegen mir die Wälder, in denen ich mich anhand zahlreicher Details orientieren kann. Nicht so in den letzten zwei Wochen. Oft stand eine schlechte Richtungskontrolle am Anfang der zahlreichen Fehler.
Meine Fehler in Bild und Wort:

Weltcup Langdistanz

Posten 3:

Der Kompasseinsatz nach dem Verlassen des Weges war sehr grob.  45 Grad lief ich für kurze Zeit in die falsche Richtung. Ich bemerkte den Fehler früh genug, so dass ich den kleinen Hügel nördlich des Postens noch anpeilen konnte. Damit konnte ich den Fehler in Grenzen halten.

Posten 17:

Wäre es nach mir gegangen, hätte das Rennen nach 60 Minuten fertig sein dürfen. Der Tank war leer und bei jedem Stolperer fürchtete ich einen Krampf. Doch anstatt rechts in den Zieleinlauf abzubiegen, musste ich bei der Zuschauerpassage in den linken Korridor wechseln und die für mich endlos wirkende Schlussschlaufe in Angriff nehmen. Die lange und steile Teilstecke zum 17. Posten war eine regelrechte Tortur für mich. Immerhin technisch hatte ich jedoch alles unter Kontrolle bis kurz vor dem Posten. Ich sah im Sumpf nach vorne und erblickte eine TV-Kamera (die Kamera stand direkt auf der «Nase» vor dem Posten). Ich hätte also über die Kamera stolpern müssen, um direkt zum Posten zu gelangen. Dass man eine Kamera so offensichtlich vor dem Posten platzieren würde, hielt ich für ausgeschlossen (damit lag ich falsch, finde es aber auch im Nachgang unverständlich) und lief daher sehr zögerlich in die falsche Richtung weiter.

Posten 20:

Die Weglaufrichtung war von Anfang an nicht optimal. Ich realisierte, dass ich zu weit links war, korrigierte zu spät nach rechts und landete bei der Kuppe südlich des Postens. Da ich die Mulde und den Sumpf südlich des Postens genau zuordnen konnte, wusste ich, dass der Posten in unmittelbarer Nähe sein musste. Dennoch verstrich einiges an Zeit, ehe ich ihn quittierte.

Posten 21:

Auch hier hatte ich es nicht so mit der Richtungskontrolle. Den ersten Richtungsfehler konnte ich schnell korrigieren. Als ich jedoch beim Hügel auf der zweiten Hälfte nochmals die Richtung verlor, wusste ich für eine Zeit lang nicht, wo ich mich befand. Ich glaubte den Bach beim hellgrün gequert zu haben. Folglich sollte ich nur noch leicht nach links korrigieren müssen. Ich musste einige Mal stehen bleiben, um rekonstruieren zu können, wo ich war. Einen grossen Zeitverlust konnte ich vermeiden. Doch solche S-Routen sind alles andere als schnell.

Weltcup Mitteldistanz

Posten 2 und 3:

Das GPS ist hier leicht verschoben. Ich hatte volle Kontrolle bis kurz vor dem Posten. Im Postenraum sah ich die Kuppe und die Mulde dahinter, aber keinen Posten. Dann war ich zu wenig geduldig. Die Mulde war sehr markant und im Stress dachte ich, ich sei bereits bei der hinteren Mulde angelangt und hätte die erste Mulde überlaufen. Daher machte ich rechtsumkehrt. Doch als ich zurückrannte und die Kuppen wieder sah, wusste ich, dass ich zu früh abgebremst hatte. Dies bewahrheitete sich. Wäre ich 10 Meter weiter gerannt, hätte die Flagge gesehen. Hätte, wäre, wenn…

Mir war bewusst, dass ich nach dem Fehler ruhig bleiben musste. Also plante ich die nächste Route präzise. Zweite Mulde rauf, warten bis von rechts eine weitere Mulde kommt und dann mit dem Kompass zum Posten. Genau so setzte ich es um. Doch einzig der Posten wollte sich nicht sehen lassen. Zweimal muss ich haarscharf am Posten vorbeigelaufen sein, ohne ihn zu sehen. Im dichten Tannenwald war es kein Leichtes, meine exakte Position zu bestimmen. Drei Minuten vergingen bis ich die sch*** Flagge endlich erblickte.

Weltcup Staffel:

Posten 7:

Ich lief links am Hügel vorbei und sah auch die grosse Senke mit der Lichtung. Die Richtung stimmte. Die Sicht war sehr gut in diesem Bereich des Waldes. Es schien ein Leichtes zu sein, diesen Posten auf Anhieb zu finden. Als ich das Gefühl hatte, ich sollte den Posten erspähen, war da aber nur schöner skandinavischer Wald zu sehen. In diesem Moment zog der schwedische Läufer Max Peter Bejmer scharf nach links zu einem Posten, den ich von weit her sah. Da der Posten hinter dem Hügel stand, hatte ich das Gefühl, es hätte meine Mulde sein können. Als ich beim Posten war realisierte ich, dass ich stark die Richtung korrigierte hatte und zum Hügel rannte. Vom Posten beim Hügel (A), konnte ich meinen Posten (B) sehen. Auch hier fehlte mir die Geduld und die Richtungskontrolle im Postenraum.

Posten 10:

Das Kartenbild im Postenraum verstand ich und ich wusste genau, wo ich mich befand (ich sah den Posten C). Die Mulde vor dem Posten schien deutlich zu sein und daher nicht schwierig zu lokalisieren. Doch irgendwie erwischte ich eine «falsche» Mulde (kann es mir nicht genau erklären, ist aber auch anderen Läufern so passiert) und rannte auf den falschen Hügelzug. Zuerst dachte ich, ich hätte den Posten ganz knapp verpasst. Die sumpfige Mulde nördlich meiner Position interpretierte ich als die offene, steinige Mulde nördlich des Postens. Folglich war ich überzeugt, dass meine Position stimmen musste. Leider war auf meiner Laufkarte diese sumpfige Mulde durch die Postennummer verdeckt. Es bedurfte einiges an Zeit, bis ich diese Mulde unter der Postennummer erkannte. Als ich erkannte, wo ich war, lief ich überhastet und unpräzise weiter. Ein weiterer Fehler war die Folge.

Jukola

Posten 1:

Und wieder stimmte die Richtung überhaupt nicht. Auch wenn der Kompass Str8 heisst und ich das Modell für Nordeuropa in Gebrauch hatte, so liess mich das Gerät doch teilweise im Stich. Die Kompassnadel war extrem unruhig und blieb teilweise «hängen». Das könnte eine Erklärung für die vielen Richtungsfehler sein. Eine andere Erklärung ist, dass ich in Tschechien den Kompass fast nie brauchte und somit ein wenig aus der Übung war. In Tschechien konnte man ich mich anhand der klaren Formen sehr gut ohne Kompass orientieren.

Posten 14:

Den Attackpoint (Kulturgrenze) hatte ich sauber angelaufen. Den Stein rechts nahm ich im Augenwinkel auch noch wahr. Wieder musste ich meinen Kompassfähigkeiten vertrauen. Ich nahm die Richtung und stach ins Unterholz. Knapp daneben ist auch vorbei… Erst beim zweiten Versuch erschien die orange-weisse Flagge.

Posten 17:

Ich realisierte von Beginn an, dass ich weiter nach rechts ziehen sollte. Doch der Kompass zeigte in eine andere Richtung. Da ich mich nicht auf mein Gefühl verlassen wollte, folgte ich dem Kompass. Den Postenraum erreichte ich von viel zu weit links. Die Kurve kriegte ich nie mehr ganz und ich peilte die falsche Felsplatte an.

Posten 20:

Mir war der Biss ein wenig abhandengekommen. Über eine Stunde war ich fast allein unterwegs, gerade mal einen Schlussstreckenläufer sah ich. Die gemachten Fehler zehrten – genauso wie die Uhrzeit (es war 7 Uhr am Morgen) – an meiner Motivation und Konzentration.
Die Teilstrecke zu Posten 20 diskutierten wir bereits beim Frauenrennen auf und ab. Ich wusste also, was ich zu tun hatte.
Der Plan wäre gut gewesen, die Umsetzung war dann allerding katastrophal.   
Ich war unkonzentriert und verpasste es, die Wegspur zu wechseln. Vor lauter Sumpf verlor ich total die Kontrolle. Über drei Minuten liess ich auf dieser Teilstrecke liegen. Genervt über meine Unkonzentriertheit lief ich am frühen Sonntagmorgen auf der Pferderennbahn von Rovaniemi ins Ziel. Meine Teamkollegen teilten mir im Ziel mit, dass der Fehler zu Posten 20 keine Konsequenzen hatte. Diese Nachricht machte die schlechte Umsetzung der Route immerhin etwas erträglicher.

Weiter geht es für mich mit OL in alpinem Gelände. Da fühle ich mich normalerweise sehr wohl. Vor dem Skandinavien-Trip hätte ich das gleiche aber auch über das nordische Terrain gesagt.
Fehlerfreies OL machen ist und bleibt kein Selbstläufer!



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